Lokalpilot-Bocholt auf Xmas-Roadtrip nach Schweden. Erster Checkin: Malente in der holsteinischen Schweiz.
TEIL 1 Am ersten Weihnachtstag von Bocholt Richtung Malmö – im Prinzip kein Problem. Wenn man aber die letzte Location für einen Roadtrip kurz vor dem Besuch des Unheiligen Morgen in der Ravardistaße gebucht hat, naja, dann hofft man schon, dass online noch relativ zackig die Buchungsbestätigung kommt. Aber egal, wir schreiben den 25. Dezember 2024, der Kofferraum ist prall gefüllt mit Würstchen und Dosenbier, Hundefutter und Bettwäsche, was also kann schon schiefgehen?
Einfach mal entspannen
Das erste Hotel auf unserem xmas-Roadtrip nach Schweden ist seit gut eineinhalb Wochen gebucht und darf auch ein bisschen was kosten, schließlich will man ja nach einem arbeitsreichen Tag auch mal entspannen. Über eine Online-Booking-Plattform checken wir ein im Hotel Dieksee in Malente, gelegen im oberen Zipfel von Schleswig-Holstein. Übernachtung für zwei Personen mit Frühstück: ca. 140 Euro. Parkplatz direkt am Haus, wunderbar – passt. Noch besser: Auf dem Parkplatz stehen wir ohne weiterer Kosten.
Vor 60 Jahren hier Hochzeit gefeiert
Der Empfang ist überaus freundlich. Einziger Wehrmutstropfen: Hund kostet 20 Euro Aufschlag. Oder schläft der im Auto? lautet die Frage. Nein, natürlich nicht. Wer lässt schon ein Familienmitglied nachts alleine im Auto schlafen? Auf geht’s Richtung Zimmer, ein Hauch Nostalgie vermitteln die schmiedeeisernen Verzierungen in den Gangtüren. Das Hotel, früher mal in Privatbesitz, wie man uns wissen ließ, erinnert an vergangene Zeiten. Immerhin erzählt uns die freundliche Mitarbeiterin an der Rezeption, dass unlängst noch eine Dame zu Gast war, die hier vor 60 Jahren ihre Hochzeit gefeiert hat. Nun, uns gefällt dieser Hauch Nostalgie. Okay, die Vorhänge im Restaurant hätten den Farben der Bestuhlung ein wenig angepasst werden können. Aber nun wollen wir doch mal nicht kleinlicher als kleinlich erscheinen.
Mit vollem Bauch in den Whirlpool
Schönes Zimmer mit Balkon, der Blick Richtung See, leider viel zu pralle Kopfkissen, aber ein herrlicher Pool mit Saunabereich. Ob es unbedingt sinnvoll ist, mit vollgefressenem Bauch den Whirlpool zu erobern, lassen wir mal dahingestellt. Aber das Weihnachtsmenü mit der halben gebackenen Ente auf Rosenkohl mit Kartoffelchips ließ sich einfach nicht ausschlagen. Im Nachhinein betrachtet: Wow, der Koch, der kann was!
Mensch, man könnte mal wieder öfter schwimmen gehen, so das Fazit des Abends. Und natürlich kommt man dem Versprechen nach, dem Freundeskreis ein Foto zu schicken mit einer Dose Billigbier im blubbernden Whirlpool, den wir an jenem Abend mit keinem anderen Hotelgast teilen müssen.
Spaziergang mit Lost Place-Besuch
Wir haben hervorragend gegessen, gebadet und – mit Hund zwangsläufig – auch noch einen schönen Spaziergang entlang der Promenade von Malente unternommen. Und es braucht wirklich nicht viele Schritte, bis wir erfahren dürfen: Auch dieser Kur- und Urlaubsort hat so die ein oder andere Leiche im Keller. Wunderschön die Promenade, die Weihnachten in vielen kleinen Lichtern erstrahlt, doch dann der Blick auf jenen „Riesendampfer“, das Ex-Intermar.
150 Klingeln und die unglaubliche Geschichte dahinter
Was ist das hier am herrlichen Ufer des Dieksee? Ein hässliches, altes Hochhaus? Wie geht das? Nun, was Google uns wissen lässt, dürfen wir mit eigenen Augen sehen. Hier wurde in den 70ern ein Hotel mit 400 Betten hochgezogen, dass wie ein Luxusdampfer „einlaufen sollte“. Ist es anfangs wohl auch, denn hier soll sich die High Society seinerzeit die Hotelklinke in die Hand gegeben haben. Und heute?
150 Klingeln – der bewohnte Lost Place
Heute gibt es einen Hoteleingang, in dem nur noch das Schild Intermar darauf schließen lässt, dass hier früher mal reges Treiben herrschte. Die Scheiben sind verklebt, keine Chance, noch einen Blick ins Innenleben zu erhaschen, sei denn, man bewegt sich rundum das Gebäude, was für uns auch ein Muss ist. Und, siehe da, der Seiteneingang führt in einen kamerabewachten Hausflur. 150 Klingelknöpfe samt Namensschild geben Aufschluss darüber, dass hier noch wer wohnt und wer.
Unglaublich die Geschichte, die hinter diesem Betonklotz von Malente liegt. Wir haben also gleich an unserem ersten Boxenstopp einen Lost Place entdeckt, der eigentlich keiner ist und zugleich doch einer ist. Es ärgert uns, dass wir nicht ins Innere des restlichen Hotels gelangen. Ein Blick auf die Rezeption hätte sich sicherlich gelohnt, denn die soll soweit noch erhalten sein.
Lost place „Betondampfer“
Was aber die Bewohner von Malente ärgert, ist wohl die Tatsache, dass dieser hässliche „Betondampfer“ wohl nie mehr „auslaufen“ wird. „Wir wünschen uns hier wohl alle, dass dieser Bau irgendwann mal verschwindet“, erklärt uns die freundliche Empfangsdame in unserem Hotel. Das wiederum wäre ein Malheur für die Eigentümer der ehemaligen Hotelzimmer. Denn die sollen schon so manches Mal in den vergangenen Jahren zur Kasse gebeten worden sein.
Spannend die Geschichte vom Lost place Intermare in Malente. Hier die Hintergrundstory der SHZ Eutin: https://www.shz.de/lokales/eutin-ostholstein/artikel/intermar-hotel-malente-vom-vorzeigehotel-zum-lost-place-47120197
Schnell zeigt sich mal wieder, nicht nur Bocholt hat mit seinem Sanierungsfall Rathaus zu kämpfen, in anderen Städten sieht das nicht anders aus. Immerhin besteht für das Bocholter Rathaus die Chance, dass es irgendwann wieder genutzt werden kann. Für das Intermar Hotel sehen die Chancen wohl eher bescheiden aus.
In Malente geht was
Wenige Stunden in Bad Malente in der Holsteinischen Schweiz zeigen: Hier kann man sich tatsächlich ein paar schöne Tage machen. Vor allem in den warmen Monaten kommt man hier auf seine Kosten, eine Rundfahrt mit dem Boot und die Natur erkunden oder eine Stadtbummel erleben – hier geht was. Apropos hier geht was….
Tanztee-Zeiten sind vorbei
An der Rezeption im Hotel Dieksee fragen wir nach, bei welchem Tanztee man in diesem anerkannten Kurort mit mehreren Kliniken wohl einen Kurschatten treffen könnte. Und wir ernten ein Lächeln: Naja, also die Kurschatten finden sich heute am besten in der jeweiligen Klinik. Die Tanztee-Zeit von einst ist vorbei. Und daran hat auch wohl Corona seinen Anteil. Schade doch.