Bocholt. Jeden Morgen treffen sich Frauen und Männer um 5.30 Uhr in den Bocholter Tonwerken zum Frühschwimmen. Und das tun sie Sommer wie Winter, selbst dann, wenn das Eis mit den Füßen weggestoßen werden muss.
Erst es kieken
Es ist Oktober. Auch an diesem Samstag haben sich die Frühschwimmer wieder verabredet, aber die Einladung, um 5.30 Uhr ebenfalls vor Ort zu sein, haben wir als BOH-Lokalpilot erst einmal ausgeschlagen. Ganz nach typisch Bocholter Manier: Erst es kieken. Und das passt ganz gut, denn heute wird gegrillt. Statt 5.30 Uhr stoßen wir um 17.30 Uhr dazu und dürfen die Early-Morning-Swimmer kennenzulernen.
Nur die Harten kommen morgens in die Tonwerke
Die Stimmung ist gut, das Wasser misst 18 Grad. Die Temperatur ist noch im „grünen Bereich“. Aber von Tag zu Tag wird das Wasser jetzt kälter. Wie heißt es doch so schön: Nur die Harten kommen in den Garten – oder eben in die Tonwerke.
Gesellige Truppe braucht keinen Wecker
Die Frühschwimmer entpuppen sich als ein gesellliges Trüppchen. Der Spaß in der Gemeinschaft ist sicherlich mit der Grund, sich morgens, wenn es noch dunkel ist, auf den Weg zu machen in das Naturfreibad. Peter, „Lady Di“, Elsbeth, Susanne, Monika, Norbert, Nico, Holger, Maria, Anne, Gabi, Michael, Sepp, Johannes, Siggi und Markus benötigen keinen Wecker, die innere Uhr hat längst einen Automatismus entwickelt. Nach und nach trudeln die Frühschwimmer morgens ein.
Hallo, hier spricht Edgar Wallace
Wer bei Dunkelheit schon mal in den Tonwerken war, weiß, dass der Aufenthalt dort durchaus mit einem Gruselfaktor behaftet ist. Wenn man nun ein Mitglied in der Gruppe hat, das morgens gerne mal über die Terrasse schleicht und laut ruft: Hallo, hier spricht Edgar Wallace! Ja, dann kann das schon mal zu leichten Schockzuständen führen. Gerade im Herbst und Winter, wenn es morgens noch so richtig dunkel ist, ist es doch gut zu wissen, dass vor einem oder hinter einem noch wer schwimmt.
Mitglieder beim Bocholter Wassersportverein
Die Frühschwimmer sind Mitglieder des Bocholter Wassersportvereins. Siggi war es, der vor ein paar Jahren den Wunsch hatte, eine solche Gruppe ins Leben zu rufen. Und mit den Jahren sind immer mehr dazu gekommen. In den warmen Monaten legen die Frühschwimmer 800 bis 1000 Meter zurück, es gilt zu bedenken, dass es sich bei den Teilnehmern nicht um Bahnen-Schwimmer handelt, nein, im Wasser findet auch ein reger Austausch statt. Mit anderen Worten: Es wird geschwommen, aber auch viel gequatscht. Jeder weiß schon was zu berichten, die Zeitung braucht’s zum Frühstück nicht mehr.
Neopren bis zur totalen Vermummung
Auch in den Wintermonaten lassen die Frühschwimmer nur selten ein gemeinsames Schwimmen sausen. Neopren heißt das Zauberwort. Im Sommer werden Badehose und Badeanzug getragen, sobald es kälter wird, kommt immer mehr Neoprenkleidung hinzu – bis zur, wie die Frühschwimmer lachen – totalen Vermummung.
Ältester Teilnehmer 81
Selten meldet sich wer krank. Und das liegt wohl daran, dass sie alle durch diesen Frühsport ein starkes Immunsystem entwickelt haben. Der älteste Teilnehmer ist Holger mit 81. Es herrscht eindeutig Frauenüberschuss in der Gruppe. Siggi kann das verstehen und lacht: „Wer morgens aus dem kalten Wasser kommt, der sieht immer propper aus.“ Er ist sich sicher, dass Frühschwimmer auch deutlich weniger Falten haben als die, die morgens lieber im Bett bleiben.
Frühschwimmer mit Ärzten an Bord
Ob denn keine Sorge besteht, dass im Wasser mal was passieren könnte? „Nein“, sagt Siggi und schmunzelt. „Wir sind bestens ausgestattet, wir haben einen Hausarzt in der Gruppe, einen Neurologen und einen Zahnarzt, was also kann uns schon passieren?“ Der Initiator der Frühschwimmer-Gruppe wird übrigens auch als Tankerkönig bezeichnet. Warum? Weil er diese ganz besondere Schwimmtechnik beherrscht.
Neueinsteiger jederzeit willkommen
Neueinsteiger sind übrigens jederzeit willkommen. Allerdings lautet der Rat der Frühschwimmer: Lieber im Sommer beginnen, dann fällt es leichter, sich an die absteigenden Wassertemperaturen zu gewöhnen und man ist für den Herbst und Winter schon ein bisschen abgehärtet. Immerhin kann das Wasser dann schon mal -3 bis -4 Grad haben. Und wenn die ersten kleinen Eisplättchen auf der Wasseroberfläche liegen? Kein Problem, lacht die Frühschwimmer-Gruppe: „Die paddelt unser Siggi mit den Füßen weg.“
Wie er das macht und was die Frühschwimmer am frühen Morgen schon alles erleben, das verrät unser Videobeitrag. Vorsicht beim Zuschauen – es wird heiter, aber auch nass!