Bocholt. Bei „Bauer sucht Frau” wollen die Gastfrauen immer alle auf den Trecker. Und die meisten von ihnen wollen den Trecker auch fahren. Warum nur? Es ist doch nur ein Trecker. Ja von wegen, so ein Trecker ist nicht nur Trecker, er ist Leidenschaft. Nicht anders sehen das die Mitglieder vom Treckerclub Barlo. Ihre Trecker sind für die Landwirtschaft zwar inzwischen zu alt, aber genau das macht ja den Reiz aus. Ihre Schlepper sind inzwischen Oldtimer. Und weil sie so gepflegt sind und so verdammt gut aussehen, sind sie auch überall herzlich willkommen. Und die Fahrer, die natürlich auch.
Schnell noch die Kühe melken und dann schnell den Trecker rausholen. Viele der Treckerclub Barlo-Mitglieder sind Landwirte. Wenn dann eine Ausfahrt oder Veranstaltung angesagt ist, muss morgens alles ganz schnell gehen. Früh morgens, meist um Neun, geht’s los. Denn ganz so schnell sind die alten Schlepper ja nicht. Mit 20 oder 30 km/h zöckeln sie über die Straße. Und ihre Fahrer? Die haben immer das Grinsen im Gesicht stehen. Und wenn ihnen dann Passanten auch noch anerkennend zuwinken, ja, dann ist doch wieder ein Tag gerettet. Ein Tag mit einem wunderbaren Hobby.
Erst just for fun, dann Treckerclub
Irgendwann trafen sich Anfang der Neunziger ein paar Treckerbegeisterte in Barlo, um mit ihren alten Traktoren zu einem Oldtimermeeting nach Anholt zu fahren. Aus der just for fun-Aktion wurde später ein Verein, der Treckerclub Barlo. Dem Club darf sich jeder anschließen, der einen Schlepper hat oder sich einen anschaffen möchten. Wer nämlich noch keinen hat, der erhält gerne auch Tipps und Ratschläge seitens der erfahrenen Mitglieder.
Hingucker auf Ausfahrten und Events
Für die Treckerbesitzer gibt es kaum etwas Schöneres, als mit dem alten Schlepper in der Gemeinschaft Ausfahrten zu unternehmen und ihre Oldtimer auf den verschiedensten Veranstaltungen auszustellen. Die Trecker, dies meist schon 40 oder auch 50 Jahre auf dem Buckel haben, sind überall der Hingucker. Vor allem Kinder lieben die alten Schlepper, wollen unbedingt am Lenkrad sitzen.
Kinder lieben Schlepper
Ob den Treckerbesitzern das immer so recht ist? „Doch, ja“, sagt Berthold Heisterkamp. „Wir freuen uns ja, wenn wir den Kindern eine Freude machen können. Die Eltern sind ja dabei.“ Wobei so manch Mama und Papa glaubt, man müsse nicht ganz so vorsichtig sein, denn die „Dinger“ seien ja alt. „Alt sind die Trecker“, lacht Franz-Josef Groß-Hardt. „Aber das macht sie auch so wertvoll.“
Schlepper teils bis zu 50.000 Euro wert
Sie alle haben ihre Trecker liebevoll restauriert. „Wenn ein neuer Motor benötigt wird, dann dann geht das durchaus ins Geld“, erklärt Johannes Büdding. „Und ist er neu lackiert, dann möchte man schon, dass die Besucher, ob klein oder groß, auch respektvoll damit umgehen.”
Wenn die Treckerclub-Mitglieder ihre Gefährte vorführen, dann kommt da schon einiges an Wert zusammen. „So ein Schlepper hat oft schon mal einen Wert zwischen 8.000 und 10.000 Euro“, verrät Alfons Mölders. „Wir haben aber auch zwei dabei, die 10 Liter-Lanzen, die werden schon jeweils zwischen 40.000 und 50.000 Euro gehandelt.“
Es braucht Zeit und Geld
Kurzum: Wenn so ein Schlepper neu aufbereitet dasteht, dann hat er seinen Wert, den er auch nicht mehr verliert. Vorausgesetzt er wird gepflegt und regelmäßig bewegt. Denn auch das ist wichtig. Da muss man sich schon überlegen, ob man sich, wenn man seine „Sammlung“ ergänzen will, noch einen dazu kauft. Dieses Hobby kostet definitiv Zeit. Und Geld. Früher wollte die alten Schlepper keiner mehr haben. Hatten sie ausgedient, dann gingen sie in den Schrott oder blieben einfach stehen. Wenn man heute einen Oldie haben möchte, dann muss man schon in die Tasche langen. Auch Restaurieren und Reparieren ist kein billiger Spaß. Da ist schon mal schnell von ein paar tausend Euro die Rede.
Schwarz, Rot oder Grün?
Wer sich übrigens schon so manches Mal gewundert hat, warum die angebrachten Kennzeichen nicht nur Schwarz, sondern auch Grün oder Rot sind, dem sei gesagt: Wer grün trägt, lässt seinen Schlepper in der Landwirtschaft mitlaufen, wer auf Rot fährt, der nutzt es als Wechselkennzeichnen, kann mehrere Schlepper darauf fahren.
Für jeden Jux zu haben
„In der Regel werden die Schlepper in der Landwirtschaft nicht mehr genutzt“, weiß Hubert Eiling. „Die sind zu leicht, zu klein und einfach nicht mehr zu gebrauchen. Die sind eben einfach nur für schön.“
Und genauso ist es. „Das ist wie bei den Frauen“, lacht Franz-Josef Groß-Hardt, „hässe ne aollen Trekker un ne junge Frau, dann hölt sich dat good de Wöge.“
„Bocholt blüht“ und „WunderBarlo“
An Humor mangelt es den Treckerclubmitglieder nicht. Sie sind für jeden Jux zu haben und freuen sich einfach, wenn sie zusammen unterwegs sein dürfen. „Bocholt blüht”, der verkaufsoffene Sonntag, ist fester Termin in ihrem Kalender. Auch am 30. April 2023 stellt der Club in der Innenstadt an den Shopping-Arkaden wieder aus. Und „WunderBarlo“ gehört für die Mitglieder natürlich auch ins Jahresprogramm. Sie sind ja Barloer. Da ist die ortseigene Veranstaltung, die 2023 übrigens mit „Bocholt blüht” zusammenfällt, ein Muss.
Kompromisse schließen
„In solchen Fällen sind wir ganz flexibel“, meint Tobias Rottstegge, übrigens mit 29 der jüngste Fahrer im Treckerclub. „Wir teilen uns auf und holen uns Unterstützung aus befreundeten Vereinen.“ Einer hat seinen Sitz in Vreden. Und auch von dort gibt es immer eine Einladung. Dann ist nach einer Ausfahrt gemütliches Lagerleben angesagt.
Der Langsamste fährt vorweg
„Wir müssen natürlich immer unsere Fahrzeit einkalkulieren“, sagt Hubert Eiling. „Wir sind im Durchschnitt mit 20, 30 km/h unterwegs, da braucht es etwas länger. Grundsätzlich fährt der langsamste Schlepper vorweg.“ Aber die Treckerliebhaber haben es ja nicht eilig. Die Landwirte unter ihnen ja, bevor es morgens losgeht, müssen ja erst noch die Tiere versorgt werden. „Wir müssen uns immer wieder wundern, wie pünktlich das bei uns allen klappt“, lacht Berthold Heisterkamp.
Und was ist mit Klimaschutz?
In Zeiten, in den Greta für Klimaschutz wirbt, in denen sich Umweltaktivisten auf dem Asphalt festkleben und die Politik E-Fahrzeuge durchsetzen will stellt sich dann doch die Frage: Sind die alten Trecker eigentlich noch tragbar? „Wir werden alle mittlerweile so verrückt gemacht“, meint Franz-Josef Groß-Hardt. „Da wird gemeckert, wenn wer mit dem Oldtimer unterwegs ist, der Meckermann steigt aber ins Flugzeug, um wer weiß wohin zu fliegen. Auch wenn man sich in manchen Scheunen mal umsieht, in denen Camper ihre Reisemobile abstellen, dann sieht man immer mehr große Busse. Und wie viele Personen sind dann an Bord, wenn die Fahrt losgeht? Zwei!”
Was ist denn überhaupt noch tragbar?
Ganz realistisch gesehen müsse man sich fragen, was denn überhaupt noch tragbar sein. „Wenn man nichts mehr darf, dann wird es auch keine Veranstaltungen mehr geben”, sind sich die Barloer Treckerfahrer einig. „Dann wird es so vieles nicht mehr geben.“ Und wenn man dann noch bedenke, dass so ein 1-Zylinder-Schlepper über den ganzen Tag mit 2 bis 3 Litern Diesel auskommt….
…maor kieken dörf man!
1 Zylinder, 10 Liter, klein, groß, schnell, langsam – stellt sich doch die Frage, ob die Treckerclub-Mitglieder manchmal auch mit ein wenig Neid auf den Schlepper des anderen blicken. „Klar“, lacht Berthold Heisterkamp, „wenn ein anderer ein geileres Ding fährt, dann wurmt das schon ein bisschen. Aber auch hier halten wir es wieder wie mit den Frauen – man heff sinne eegene, maor kieken dörf man.“