Bocholt. „Na, wieviel Reichweite haben wir denn noch“, verschafft sich Benedikt Braems auf unserer ersten gemeinsamen Testfahrt mit dem Mercedes EQA einen Überblick. Und der Barloer lacht: „Aha, da steht’s! 79 Kilometer sind es noch. Na, bis ans Meer kommen wir heute wohl nicht mehr.“ Das macht aber auch nichts, schließlich hat BOH-Lokalpilotin noch weitere Termine und der Herr Braems möchte ja auch noch mit seinen Nachbarn anstoßen. Worauf? Na, auf den Start des LEADER-Projekts „Nachbarschaftliches Carsharing in Wohngebieten“ .
An der Pfarrer-Wissing-Straße in Barlo steht ab sofort nicht nur eine Ladestation, nein, auch ein Mercedes EQA. Letzterer allerdings soll sich dort nicht die Räder ins Blech stehen, im Gegenteil, fünf Haushalte mit insgesamt neun Fahrern sollen den „Stromer” nutzen. Die Testphase soll dann zeigen, ob die Nachbarschaften via Car-Sharing künftig auf Zweit- oder auch Drittwagen verzichten könnten.
Auf gute Nachbarschaft
Ab sofort können die Nachbarschaften die Fahrzeuge per App buchen. Aber wer benötigt wann ein Fahrzeug? Gibt es vielleicht bestimmt Zeiten, an denen gerne mehrere das Auto benötigen? Nicht, dass es am Ende noch zu Streitigkeiten kommt. Die Nachbarschaften sehen da kein Problem. Wer zuerst eincheckt, dem steht das Fahrzeug zur Verfügung. Und per App wird das Fahrzeug auch geöffnet. Einen Schlüssel, der weitergegeben muss, bedarf es in den heutigen digitalen Zeiten nicht.
Prosit auf ein spannendes Projekt
Nicht nur die Barloer Nachbarschaften kamen zum offiziellen Projektstart, auch die Lowicker, die in ihrem Quartier am Elsenpaß ebenfalls ab sofort mit Carsharing ihre Erfahrungen machen sollen. Dort sind es sogar sieben Haushalte mit 14 Fahrern, die sich zusammengefunden haben. Insgesamt stehen drei Fahrzeuge zur Verfügung, darunter auch ein Renault Zoe. Benedikt Braems und Stefan Lammers, die sich dafür stark gemacht haben, dass das LEADER-Projekt in ihrem Ortsteil umgesetzt wird, stießen mit zwei Getränkekisten symbolisch an. Auf einen Drink einladen ließ sich gerne auch das projaegt-Regionalmanagement mit Linn Westerman und Thomas Rudde.
„Hier und da kann es noch ruckeln”
„Genug Interessenten zu bekommen, das wäre in der Kernstadt leichter gewesen”, machte Linn Westerman deutlich. „Aber das europäische Förderprojekt lässt nur den ländlichen Raum zu. Wir sind sehr gespannt, wie sich Carsharing nun in Barlo und Lowick entwickelt.” Und Rudde ergänzte: „Anfangs kann es vielleicht hier und da noch ruckeln, aber wir sind zuversichtlich, dass sich das Projekt schnell einspielen wird.”
Stadtbaurat zuversichtlich
Stadtbaurat Daniel Zöhler freut sich, dass nachbarschaftliches Carsharing in Barlo und Lowick zustande gekommen ist. „Das wird ein Erfolg”, so Zöhler. „Alle Beteiligten haben Spaß daran. Und das ist das wichtigste. Wenn sich am Ende zeigt, dass ein Zweit- oder Drittwagen nicht mehr benötigt wird, dann haben wir alle gewonnen.”
„Aufs Carsharing kommt’s an…”
Auf unserer Probefahrt wurde schnell deutlich, dass sich das E-Fahrzeug prima fahren lässt. Benedikt Braems: „Kurz vertraut machen und dann kann die Fahrt auch schon losgehen.” Er wird den Mercedes wohl seltener nutzen, eher seine Frau und seine Schwiegermutter Waltraud Jungkamp. Leise und entspannt gleiteten wir durch Barlo. Braems kann sich mit dem E-Fahrzeug gut anfreunden. „In erster Linie geht es mir aber nicht um das E-Fahrzeug, es geht mir ums Car-Sharing”, sagt er. Auf unsere Frage, ob es auch ein 8 Ventiler sein dürfte, ernten wir ein Grinsen mit den Worten: „Auf jeden Fall.” Flexibel von A nach B kommen, vor allem auch, wenn man Kinder hat und das Wetter nicht mitspielt, das ist der Plan und das war sein Plan. Man darf gespannt sein, wie das ländliche Carsharing klappt. Und, wer weiß, vielleicht lassen sich ja noch viele weitere Nachbarschaften „infizieren”.
Hintergrund-Info zu LEADER-Projekt
Bis Ende Oktober 2022 konnten sich Bocholter Nachbarschaften für das Mobilitätsprojekt „Nachbarschaftliches Carsharing in Wohngebieten“ bewerben. Zur Teilnahme rief die Stadt Bocholt auf, die das Projekt der Initiative LEADER – einem Regionalmanagement für Projekte, die den ländlichen Raum fördern – unterstützt. Mit Hilfe des Projektes soll innerhalb der Pilotphase eine gute Alternative zum Zweit- oder Drittwagen geschaffen werden. Das ermöglicht den Haushalten Erfahrungen mit Carsharing und auch E-Mobilität zu sammeln. Insbesondere für Wenig-Fahrer ist diese alternative Mobilitätsform ein sparsames Konzept. Die Bocholter Kernstadt zählt allerdings nicht zur Gebietskulisse des LEADER-Förderprogramms.
Weitere Informationen und das Bewerbungsformular zu diesem in der Region einmaligen Pilot-Projekt finden Interessierte auf der Homepage der LEADER-Region Bocholter Aa (www.region-bocholter-aa.de/2021/07/05/selbstorganisiertes-e-car-sharing-in-stadtquartieren/).