Isselburg. 16 Männer und eine große Leidenschaft: Mofafahren. Die Anholter „Zylinderköpfe“ treffen sich regelmäßig zu gemeinsamen Ausfahrten. Regeln gibt’s in dem motorisierten Club nicht. Also eigentlich.
Es ist ein herrlicher Samstagmorgen. Die Sonne lacht und auf einer Hofeinfahrt in Anholt steht nicht nur eines, nein, dort stehen gleich mehrere Mofas. Es ist einer der Tage im Jahr, an dem sich die Gruppe Mofafahrer trifft und ihren Frauen einfach mal für zwei Tage Ciao sagt. Diesmal soll die Tour in die benachbarten Niederlande gehen mit Übernachtung. Ciao steht in diesem Fall aber wirklich nur für Tschüß, denn wenn es eine Regel gibt für die Mofaliebhaber , dann die: Gefahren wird alles – außer Ciao!
Alex Bolwerk: Ein Präsi, der keiner ist
Ansonsten gibt es in dem Club, der genau genommen keiner Club ist, keine Regeln. Und es gibt auch keinen Präsidenten, obwohl es einen gibt. Alexander Bolwerk lacht: „Ich habe mit dem Spaß mal angefangen, ja – aber ich bin doch kein Präsi!” Wie dem auch sei, eine besondere Rolle nimmt der Anholter in jedem Fall ein: Er ist der Schrauber. Wenn irgendwer aus der Gruppe einen Defekt hat, dann stellt er sein Mofa bei Alex ab. Und der meckert nicht, im Gegenteil. „Ehrlich gesagt, mir macht Schrauben mehr Spaß als Fahren.”
Begleitfahrzeug als eine Art Familiendienst
Nun, den Mofaliebhabern kann das nur recht sein. Insgesamt genießen sie full service. Denn es gibt auch ein Begleitfahrzeug. Und das fährt Florian Belting. Er begleitet die Gruppe bei größeren Ausfahrten und ist immer dann zur Stelle, wenn eines der Fahrzeuge aufgibt. „Ach, das mache ich doch gerne”, lacht er. Immerhin habe er die ganze Truppe in der Hand. Denn wenn er keinen Sprit im Notfall ausschenkt, dann ist es zappendüster um die „Zylinderköpfe“. Sein Vater fährt Mofa, sein Onkel auch – beide machen den Spaß mit, er schiebt damit also im weitesten Sinne einen wichtigen Familiendienst.
Zwei Tage Cruisen als Männerding
Dieses zweitägige Event ist so ein Männerding. Zusammen frühstücken, Kaffee und Mettbrötchen, und dann aufs Mofa, hoffen, dass es anspringt und schon kann die Tour losgehen. Ob Frauen nicht erwünscht sind? „Doch”, sagt Alexander Bolwerk. „Einige unserer Frauen haben auch Spaß am Mofafahren, wenn wir abends mal spontan eine Runde cruisen, dann sind sie oft auch dabei.”
Humor gehört für die “Zylinderköpfe” einfach dazu
Wenn eine Ciao nicht erwünscht ist, mit welchem Untersatz sind die Herren und auch Damen denn dann unterwegs? Ralf Deckers fährt eine Puch. Warum er gerne Mofa fährt? Deckers lacht: “Weil es Spaß macht.” Humor wird bei den “Zylinderköpfe” groß geschrieben und so beantwortet Deckers die Frage, mit wieviel PS er denn unterwegs ist, mit der Zahl 240. Und dann ergänzt er schmunzelnd: “Ich fahre in der Regel vorne weg, damit alle anderen noch hinterher kommen.”
Traum Schwalbe für gerade mal 15 Euro
Sebastian Gehrkes hingegen hat sich vor 15 Jahren den Traum Schwalbe erfüllt. Damals habe er gerade mal 15 Euro hingelegt, heute aber liege der Wiederverkaufswert bei rund 2.000 Euro. “Das bedeutet, ich darf das Teilchen nicht kaputt fahren”, grinst er. Einen Traum erfüllt hat sich auch Karsten Dietrich mit dem Kauf eines ostdeutschen Produkts. Der Isselburger fährt eine Simson S51. Lange habe er danach gesucht, in Bocholt habe er dann sein Mofa gefunden. “In der Gruppe fahren, das ist doch schöner als alleine zu knattern”, sagt er.
Altersdurchschnitt Mitte 40
Die Mofabesitzer sind mit einem Altersdurchschnitt von Mitte 40 unterwegs. Allesamt gestandene Männer, die mit beiden Beinen im Leben stehen und doch wieder zu jungen Burschen werden, sobald sie auf dem motorisierten Zweirad sitzen. Dann lachen sie, lassen den Alltag einfach hinter sich und genießen den Fahrwind. Ohne Helm geht natürlich gar nichts.
Eine Puch und eine Pommes
Werner Schnelting kommt aus Herzebocholt, über Alex ist er zu dem Hobby kommen. “Ich habe so eigentlich gar keine Hobbys”, sagt er. Er hat eine Puch angeschafft. Abends mal treffen, einfach mal eine Runde fahren, eine Pommes essen – ich finde das klasse.”
Auch Mofas haben einen geilen Sound
Es sind nicht immer alle dabei. Das ist auch keine Pflicht. Jeder kann mitfahren, wenn er möchte und Zeit hat. Alles ganz entspannt. Das ist auch der Grund, warum Gregor Wolters dabei ist. Seit zwei Jahren fährt der Isselburger eine Puch Maxi. Knapp 40 km/h fährt sein Mofa. Warum er seine Puch so liebt? Wolters lacht: “Weil sie so einen geilen Sound hat. Für mich ist das wie Musik.”
Eine Maxi und alles original
Aber kann denn ein Mofa Sound haben? Hallo? Wir reden hier doch nicht über V8-Motoren. Thomas Freund weiß, wovon Wolters spricht. “Meine Puch Maxi 2 ist eine 2-Gang-Automatik, die gibt es nicht so häufig – aber die hat auch Sound!” 1978 wurde seine Maxi hergestellt. Und bis heute ist alles original an seinem Mofa. Und darauf ist Thomas Freund stolz.
Simson und Schraubenschlüssel
Thomas Zielinski fährt ebenfalls eine Schwalbe. Auch er ist über den Präsi, der keiner ist und irgendwie doch, zu diesem Hobby gekommen. “Die knattert so schön”, lacht er. Apropos Präsi, was fährt denn der Herr Bolwerk? “Ich bin mit einer Puch angefangen, jetzt habe ich mehrere Mofas, unter anderem auch eine Simson”, verrät der Anholter. “Eine reicht nicht, weil ich ja immer was zum Schrauben brauche.” Die “Zylinderköpfe” aber sollen davon profitieren, denn wenn bei irgendwem das Fliwatüt einen technischen Schaden hat, dann hilft der Alex mit einem Leihmofa aus.
Mit 50 Spitze der langsamste Schnellste
Aus der ehemaligen DDR stammt auch die Puch von Björn Locher. Sein Vater fuhr damals schon Simson, so lag es nah, dass auch er mal mit einem DDR-Brummer über den Aphalt düsen würde. Nichts anderes als Puch kommt für Erik Bonnes in Frage. “Sonst kriege ich Ärger mit meinem Schrauber”, lacht er. Und wer das ist, ist klar. Seine Puch darf übrigens 50 fahren, er ist der Schnellste in der Gruppe. Das sollte man zumindest meinen. “In Wirklichkeit bin ich das nicht”, schmunzelt er. “Aber das Teil ist TüV-abgenommen und nicht getunt, nur zur Info.”
Erbstück S50 wieder aufgebaut
Sebastian Grilich musste nicht viel Geld ausgeben, um Mofa fahren zu dürfen. Seine Simson S50 hat er vom Opa seiner Frau geerbt. “Die war Schrott”, lacht er. “Und dann habe ich mir gedacht, ich bau’ die wieder auf… also der Alex… also wir zwei…!”
Edelweiß-Sticker und Fuchsschwanz
Wenn man die “Zylinderköpfe” live erlebt, dann bekommt man zwangsläufig Lust, ein Mofa zu kaufen und am besten gleich eine Kutte zu kreieren. Auch hier sind die Jungs überaus kreativ. Aber ein Edelweiß als Sticker? “Klar”, lacht die Bande, “wenn die Frau das draufnäht, dann finden wir das alle gut.” Und so wird auch stillschweigend geduldet, dass so manch Fuchsschwanz mit auf Tour geht. Der gehört zwar eigentlich zum Opel Manta. Aber das ist doch egal. Die “Zylinderköpfe” sind da völlig schmerzfrei. Hauptsache Spaß und gute Laune – und das Mofa springt an!
Fotos: Gabi Frentzen